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Neueinsteiger
#8
(10.04.2019, 21:49)EdytaLidia schrieb: Hallo Christian,
das ist eine sehr gute und detailierte Beschreibung der physisch-psychischen Vorgänge bei der Angstentstehung / Ausbreitung und Chronifizierung. Wenn man es so nimmt, so ist das Neurobiologie und Neuropsychologie pur. Ich werde es mir noch paar mal durchlesen, weil Deine Erklärung zugleich sehr informativ und kompliziert ist.

Wenn man die Neuroplastizität des Gehirns als eine evolutionär bedingte Fähigkeit zugrunde dieser Prozesse legt,  würde es bedeuten, dass die Speicherungs- und Automatisierungsprozesse umkehrbar sind, d.h. die Umprogramierung der gelernten und abgespeicherten neuronalen Denkmuster bei Angststörungen durchaus möglich sind.

Hast Du auch eine plausible Erkärung dafür, warum die Panik bzw. Angstzustände oftmals in körperlichen und mentalen Ruhephasen kommen (beim Schlafen, Entspannen usw.)?
Ich kenne zwar die leienhafte Erklärung, die man von Therapeuten und/ oder Ärzten zu hören bekommt, mich würden aber die dahinter stehenden Prozesse/Auslösen interessieren.
Spannend!

LG
Edyta
Absolut. Ich bin der festen Ãœberzeugung und habe es ja schon mehrfach erlebt, dass das menschliche Gehirn Dinge von einer Sekunde auf die andere neues Verhalten lernen kann, wobei das erlernte nicht immer hilfreich ist. Unser Unterbewusstsein fragt nunmal leider nicht vorher nach, wenn es Denk- und Verhaltensmuster etabliert und generalisiert.

Meiner Erfahrung nach ist es tatsächlich sogar extrem leicht neue neuronale Verknüpfungen bzgl. innerer Repräsentationen zu schaffen. Die Kunst liegt eher darin, diese neuen Verknüpfungen dann konsequent zu nutzen (also sich gezielt in ehemals angstinduzierende Situationen zu begeben), um der Nervenzelle, die die neue Information speichert das Wachstum neuer Synapsen und damit die Verbindung mit den Nervenzellen zu stärken, in denen die Qualitäten der gespeicherten Erinnerung liegen. Gleichzeitig verliert so die für die Bedeutung "Angst" zuständige Nervenzelle, die nun keine Reize mehr erhält, Synapsen und stirbt nach einer gewissen Zeit ab. So lässt sich Angst also gewissermaßen "verlernen", was jedoch eine Weile dauert. Da es aus meiner Erfahrung heraus etwa 8-12 Wochen dauert eine neue Gewohnheit zu festigen, schätze ich dass dies in etwa der Zeit entspricht, die es dauert um alte Verbindungen absterben zu lassen. Hier wäre die Meinung eines Neurobiologen interessant.

Um diese Art von Neuausrichtung in Gang zu setzen, benötigt das Gehirn also lediglich eine neue Referenz für zukünftiges Verhalten. Da dieses "Referenzerlebnis" für die Generalisierung in der Regel die aktuelle Repräsentation von Angst ist, ist es deutlich leichter auf der Basis dieser Repräsentation die gewünschten Qualitäten zu verändern, statt eine komplett neue Erfahrung zur Referenz zu deklarieren, was das Unterbewusstsein so meiner Erfahrung nach nicht akzeptiert.

Das schöne ist, dass unser Gehirn nicht zwischen inneren Filmen/Bildern und den Daten, die es von außen erhält, unterscheidet. So lässt sich mit der richtigen Visualisierung (Repräsentation) das selbe Ergebnis erzielen, als hätten wir es tatsächlich im Außen erlebt. Daher ist die Expositionstherapie in meinen Augen auch ein Relikt vergangener Tage. Warum sollte ich durch Konfrontation und Durchleben meiner Angst im Außen und durch den folgenden Compulsion Blowout (Ãœberreizung der Nervenzelle) die Feuerrate der Zelle senken, wenn ich es deutlich eleganter und mit weniger Widerstand machen kann?

Dass die Angst gerade in Ruhephasen auftritt ist meiner Ansicht nach übrigens ganz normal. Gerade in Momenten, in denen wir unseren Fokus nicht gezielt und bewusst auf etwas richten, haben wir Zeit, um dem Unfug unseres Unterbewusstseins zuzuhören. Ich mag die Metapher, die unser Unbewusstes und unser Bewusstsein als einen Elefanten und seinen Reiter sieht. So lange der Reiter gezielt Kommandos gibt, läuft der Elefant in die gewünschte Richtung. Sobald wir jedoch keine Kommandos mehr geben, macht der Elefant was er will. In diesen Momenten kommt es darauf an, wie wir unseren Elefanten in den Jahren zuvor erzogen haben.
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Neueinsteiger - von xxanjaxx - 02.04.2019, 18:10
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