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Neueinsteiger
#5
Hallo xxanjaxx,
Panikattacken und generalisierte (sich auf mehrere Lebensbereiche ausdehnende) Angstzustände sind (auch wenn es sich seltsam anhört) Lernerfolge deines Gehirns. Nicht dass du ihm dieses Verhalten gezielt beigebracht hättest, nur beobachtet der unbewusste Anteil deines Gehirns permanent was du tust und speichert die Daten in einem einem kontextualisierten Cluster. So automatisieren wir Menschen Verhalten. Das ist also eine sehr wertvolle Fähigkeit.

Wenn jemand z.B. eine traumatische Erfahrung macht, speichtert das Gehirn alle relevanten Daten aus den verschiedenen Sinneskanälen (visuell, auditiv, kinästethisch, olfaktorisch, gustatorisch), also Bild/Film, Geräusche, Gefühltes, Geruch und ggf. Geschmack, wobei die größte verfügbare Datenmenge (ca. 90%) aus dem visuellen Kanal kommt. Entsprechend organisiert das menschliche Gehirn Daten vor allem über Bilder, Filme und räumliche Anordnung.

Diesem Datenpaket wird dann die zur Erfahrung passende Emotion zugeteilt, sozusagen als Bewertung der gesamten Erfahrung. Um die Erinnerung an das Trauma und damit die zugehörige Emotion auszulösen, reicht häufig das Beobachten oder der Gedanke an eine einzige Komponente aus dem Kontext des Traumas, um die Erinnerung wieder lebendig werden zu lassen, da die einzelnen Datenpakete miteinander feuern, sobald eines aktiviert wird. Diese Erinnerung/Repräsentation löst dann wieder die zum damaligen Erlebnis passende Emotion aus. Dabei erschafft das Gehirn eine innere Repräsentation der Angst, die mit der Realität vor unseren Augen keinen direkten Zusammenhang hat. Diese Repräsentation ist meist ein Film, den wir assoziiert (1. Person-Perspektive - also so als ob es gerade tatsächlich passiert) in einer Art Endlos-Schleife vor dem inneren Auge erleben. Manche Menschen erleben es wie eine Art Karussell. Der Film spielt also immer wieder von vorne und meist extrem schnell, ohne jedoch zu einem Ende zu kommen. Es wird also eine Art Drohkulisse aufgebaut, die die Angst dauerhaft aufrecht erhält.

Nun kommt der Part mit der Ausdehnung auf andere Lebensbereiche. Das Gehirn ruft durch die innere Repräsentation der Angst die negative Emotion hervor, nimmt jedoch gleichzeitig sämtliche Daten wahr, die von den Sinneskanälen zur aktuellen Situation außerhalb des Körpers reinkommen. Statt jedoch der aktuellen Situation (dem Hier und Jetzt) die passende Emotion zuzuschreiben, werden diese Daten mit der durch die Repräsentation induzierten Angst überschrieben und abgespeichtert, da wir als Menschen zwar gleichzeitig Simulationen in unserem Gehirn vollziehen können (kreativer Prozess), während wir Daten von außen verarbeiten (physisches Erleben), jedoch nicht gleichzeitig zweierlei Bedeutungen geben können, wie z.B. Spaß und Trauer, bzw. Spaß und Angst. Wenn ich nun also besonders häufig in meiner Küche Angst empfinde, nimmt mein Gehirn die Emotion von Angst und ankert sie auf die Daten zu Küche, die zu diesem Zeitpunkt gerade in meinem Fokus lagen. Das kann den gesamten Raum betreffen, oder lediglich auf ein spezielles Gerät, einen speziellen Platz oder einen speziellen Geruch in der Küche geankert sein. So kommt es z.B. dass Menschen, die zunächst nur Angst vor öffentlichen Plätzen haben, diese Angst plötzlich auch in den eigenen vier Wänden verspüren, da sie zu häufig an ihre Angst gedacht haben, während sie daheim waren.

Ich hatte zu Beginn erwähnt, dass dieses Verhalten unseres Gehirns eine wertvolle Fähigkeit ist, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Unser Gehirn bedient sich dabei eines extrem hilfreichen Filters - und zwar dem, der Generalisierung. So haben wir Fahrradfahren gelernt, Schwimmen und all die anderen Fähigkeiten, die heute im Grunde vollautomatisch ablaufen, so dass wir uns nicht mehr bewusst auf jede einzelne Bewegung konzentrieren müssen. Während wir alle beim Fahrradfahren zu Beginn ganz bewusst unser Gleichgewicht ausbalanciert haben, versucht haben zu lenken und uns zu orientieren, hat mit jedem weiteren Versuch unser unbewusster Anteil mehr und mehr Abläufe generalisiert (automatisiert). Das Gehirn speichert dabei kontextualisierte Daten und geht davon aus, dass diese konstant bleiben. Es schließt also von der Vergangenheit auf die Zukunft. Im Grunde betreibt unser Gehirn also nur Kaffeesatzleserei. Bei Ängsten ist es leider zu sehr mit fiktiven Szenarien aus Vergangenheit und Zukunft beschäftigt und beginnt so die Bewertungen aus diesen Repräsentationen auf aktuell gesammelte Daten zu ankern, weshalb sich Angst auf mehrere Lebensbereich ausweiten kann. Techniken und Ãœbungen, die dabei helfen das Schritt für Schritt in den Griff zu bekommen, sind in der Regel Dissoziations-Techniken. (z.B.: Fernbedienung vorstellen, Repräsentation wie auf Fernseher rückwärts laufen lassen, zu Standbild machen, rausspringen und in Fernsehsessel setzen, Bild schwarz/weiß stellen, Bildschirm auf Postkartengröße schrumpfen lassen und irgendwo links an eine weit entfernte Wand werfen) Diese Techniken kommen auf die ein oder andere Weise in vielen Elementen der Verhaltens-Therapie und Hypnose-Therapie vor. Einige davon sind zur Selbst-Ãœbung geeignet. Andere deutlich erfolgreicher mit einem Therapeuten deines Vertrauens. 016

Sorry falls zu viel Info auf einmal.
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Nachrichten in diesem Thema
Neueinsteiger - von xxanjaxx - 02.04.2019, 18:10
RE: Neueinsteiger - von bine236 - 02.04.2019, 19:38
RE: Neueinsteiger - von FredFred - 03.04.2019, 08:52
RE: Neueinsteiger - von watchclock - 04.04.2019, 20:50
RE: Neueinsteiger - von Christian - 10.04.2019, 10:15
RE: Neueinsteiger - von EdytaLidia - 10.04.2019, 21:49
RE: Neueinsteiger - von Christian - 11.04.2019, 09:23
RE: Neueinsteiger - von EdytaLidia - 10.04.2019, 22:21
RE: Neueinsteiger - von Christian - 11.04.2019, 09:33
RE: Neueinsteiger - von Karin - 11.04.2019, 13:00
RE: Neueinsteiger - von EdytaLidia - 11.04.2019, 22:43
RE: Neueinsteiger - von Christian - 12.04.2019, 10:27